Empfang an der japanischen Residenz

Würdigung Österreichs und des ÖMV durch den
japanischen Verteidigungsattache Oberst i.G. Eiju UCHIDA
in der japanichen Militärzeitschrift MAMOR, Heft 21, Ausgabe November 2008

Österreich - ein neutrales Land mit Liebe zur Natur und Tradition

Japanische Botschaft in Österreich
Büro des Verteidigungsattachés
Oberst dG Eiju UCHIDA

Verteidigungsattachés sind in allen Ländern der Erde vertreten und ihre Aufgabe ist es, Informationen über das jeweilige Land zu sammeln.
Trotz der unterschiedlichen Lebensweisen und Kulturunterschiede in den einzelnen Ländern, bemühen sie sich ihr Bestes zu geben um ihre Amtspflicht zu erfüllen.
Diesmal ein Bericht aus dem schönen, in den Alpen gelegenen Österreich.

Ein Land mit Tradition und Geschichte – die Natur verstehen und mit ihr leben

Österreich, wie Sie sicher wissen, ist ein Binnenland, das mit 8 Ländern, wie z.B. Deutschland, Italien, Tschechien, Ungarn und der Slowakei die Grenze teilt. Lässt man den Blick vom Gletscher des höchsten Gipfels, des Großglockners (3798m), um sich schweifen, erblickt man eine Filmkulisse wie in „Sound of Music“, mit dem Schafberg und anderen Gebirgsmassiven in Salzburg und den beeindruckenden Gebirgsketten in Richtung Tirol. Österreich ist ein Land, das großteils von Bergen bedeckt ist. Und nicht nur das, man spürt die Beziehung zwischen den Menschen und den Bergen. Einerseits bilden die Berge die Lebensgrundlage für viele Menschen und andererseits wird deutlich, wie die Menschen durch ihren behutsamen Umgang mit der Natur es den Bergen danken. In diesen fruchtbaren und wasserreichen Regionen, leben die Menschen auf Anhöhen und sanften Hängen von der Produktion landwirtschaftlicher Güter und der Forstwirtschaft. Bildlich gesprochen ist diese Landschaft, die die Harmonie zwischen Mensch und Natur widerspiegelt, wie ein Juwel. Man hat das Gefühl, das in Österreich Menschen leben, die die Natur sehr gut kennen.

An den östlichen Ausläufern der europäischen Alpen liegt die Hauptstadt Wien. Eine Besonderheit ist, dass in Wien fast alle Haushalte an die Hochquellwasserleitung angebunden sind und alpines Mineralwasser direkt bis zum Wasserhahn in jede Wohnung fließt. Allein die Tatsache, dass man auch im Sommer eiskaltes und sauberes Wasser genießen kann ist schon bemerkenswert, doch dass diese Hochquellwasserleitung bereits zur Zeit der K & K Monarchie entstand, ist noch beeindruckender. Aufgrund kluger Entscheidungen, die bis ins Mittelalter zurückreichen, ist in Österreich die Natur so gut erhalten, dass es zahlreiche solcher Quellen mit ausgezeichneter Wasserqualität gibt. Im Zeitalter der Entdeckungen bemühten sich viele europäische Länder ihre Seeflotten zu vergrößern und es entstand eine große Anzahl an Kriegs- und Handelsschiffen, die aus Holz gefertigt wurden. Schon damals wurde in Österreich festgelegt, dass bestimmte Waldgebiete in den Alpen geschützt werden sollen. Dafür gab es anscheinend neben politischen auch eine Vielzahl anderer Gründe, doch die umsichtige Verwaltung der Holzressourcen und der strategische Weitblick sauberes, wertvolles Wasser zu schützen, leitstete sicher einen Beitrag für die heutige hohe Lebensqualität in Österreich. Derzeit sind biologische Lebensmittel bei deren Anbau auf chemische Kunstdünger und Pestizide verzichtet wird sehr beliebt. Auch dieser Trend könnte auf die Naturverbundenheit zurückzuführen sein.

Besonnene Menschen, die die Meinung und die Gefühlslage ihres Gegenübers wohl abwiegt

Neben der Liebe zur Natur, schätzen die Österreich Dinge aus den guten alten Zeiten und ihre Traditionen. In städtischen Gebieten, wie Wien und Graz, sind die Mauern von historischen Gebäuden und eindrucksvollen Steinbauten mit Motiven von verführerischen Frauengestalten, kraftvollen Männern, Göttinnen und ähnlichen verziert, wodurch das Stadtbild einen Flair der Kaiserzeit erhält. Hier wird neues und vielleicht praktischeres nicht sofort eingesetzt, aber andererseits wird alt gedientes nicht leichtfertig weggeworfen oder abgerissen.
In Wien gibt es zum Beispiel die Fiaker, die Touristen durch die Stadt kutschieren. Wie durch eine stillschweigende Übereinkunft fahren sie die Straße entlang und genießen gegenüber Autos, den Straßenbahnen und den Fußgängern einen gewissen Vorrang. Im Stadtgebiet bietet sich oft der Anblick, dass die Fiaker gemächlich ihrer Fahrspur entlang kutschieren und hinter ihnen staut sich ein Auto nach dem anderen. Es erscheint selbstverständlich, dass die Pferde, die die Fiaker in aller Ruhe hinter sich herziehen, dies schon seit Jahrhunderten so machen.

Was die Tradition betrifft, so gibt es zum Beispiel den „Österreichischen Marineverband“. Obwohl Österreich als Binnenland keinen Meerzugang besitzt, wurde ich kurz nach meinem Amtsantritt dem Präsidenten des Österreichischen Marineverbandes vorgestellt und ich fragte vollkommen überrascht, ob es denn in Österreich eine Marine gibt? Tatsächlich ist der Österreichische Marineverband keine militärische Organisation, sondern ein ziviler Verein, der von einem in Ruhestand befindlichen ehemaligen Offizier als Präsident geleitet wird. Das Ziel ist es mitzuhelfen, die über 200 Jahre andauernde Geschichte und Tradition der österreichischen Seefahrt und k. u. k. Marine bis hin zum Ausscheiden des letzten Patrouillenboots des österreichischen Bundesheeres auf der Donau (2006) zu bewahren und an spätere Generationen weiterzugeben.

Ich habe den Eindruck, dass es in Österreich sehr viele Menschen gibt, die einen sehr besonnenen, angenehmen Charakter besitzen. Sie wägen die Meinung und die Gefühlslage ihres Gegenübers behutsam ab, bevor sie wohlüberlegt antworten. Auch wenn sie selbst von einer Sache fest überzeugt sind, versuchen sie nicht den anderen zu einer Zustimmung zu zwingen, sonder eher mit Argumenten zu überzeugen. Doch man spürt auch, dass in den neun Bundesländern, mit ihren eigenen Speisen, Sitten und Dialekten, den unterschiedlichen geografischen Voraussetzungen und kulturellen Eigenheiten, der Charakter der Menschen von Region zu Region verschieden ist. Jedes Bundesland wurde einerseits geprägt durch die Aufteilung der ehemaligen Fürstentümer und der kirchlichen Besitztümer, andererseits hatte auch die Aufteilung des Landes nach dem Ersten Weltkrieg seine Auswirkungen auf die einzelnen Regionen. Im Osten bzw. Südosten spürt man die Einflüsse von Osteuropa und der Balkanregion, im Nordwesten von Bayern und im Süden von Italien. Obwohl das Staatsgebiet nicht sehr groß ist, gibt es eine breite kulturelle Vielfalt, die sicher auch eines der besonderen Merkmale Österreichs ist.

Die aus einer bewegten Geschichte entstandene Neutralitätspolitik wird von sehr vielen Staatsbürgern unterstützt

Teilt man Europa in eine Nord- und eine Südhälfte, so liegen genau in der Mitte die Alpen und die Karpaten. Österreich, mit der an der Donau gelegenen Hauptstadt Wien, befindet sich somit direkt im Zentrum Europas und bildet seit je her einen Schnittpunkt für europäische Politik, Wirtschaft und Kultur. Daher ist der Name Österreich seit dem Mittelalter bis in die Gegenwart immer wieder auf der Bühne der Geschichte erschienen. Das Adelsgeschlecht der Habsburger konnte sich eines blühenden Reiches rühmen, das durch geschickte politische Taktik errichtet wurde. In dieser langen prosperierenden Phase wurden aber auch Gefechte gegen die Türken, Schweden und Franzosen (Napoleon) geschlagen. Nach der Niederlage im Ersten Weltkrieg 1918 fand die Österreichisch-Ungarische Monarchie ihr Ende. Es entstand die Erste Republik bis zur Annexion durch Hitler-Deutschland und dem Hereinbrechen des Zweiten Weltkrieges. Nach dem Ende des Krieges wurde die Hauptstadt Wien von den Besatzungstruppen der vier alliierten Mächte aufgeteilt.
1955 erlangte Österreich seine Souveränität zurück und wurde wieder ein unabhängiger Staat. Um eine Teilung wie in Deutschland in eine Ost- und Westhälfte zu verhindern, bemühte man sich in zahlreichen Verhandlungen mit den Siegermächten um die Errichtung eines neutralen Staates. Nachdem Österreich als neutraler Staat unabhängig wurde, fanden hier zahlreiche Verhandlungen zwischen den USA und der Sowjetunion statt. Österreich wurde somit zu einer der Bühnen des Kalten Krieges. Auch heute spielt Österreich, durch die Neutralität und auch durch die zentrale Lange inmitten Europas, als einer der offiziellen Amtssitze der Vereinten Nationen eine große Rolle als Austragungsort für internationale Konferenzen und Verhandlungen.
Laut einer Umfrage aus dem Jahr 2005 fanden 77 Prozent der Befragten den Begriff Neutralität als „sympathisch“ und nur für 14 Prozent als „unsympathisch“. Die Bestimmungen zu Neutralität finden sich im „Bundesverfassungsgesetz über die Neutralität Österreichs“. Österreich bekennt sich darin zur immerwährenden Neutralität und spricht sich gegen einen Beitritt zu einem militärischen Bündnis und gegen die Errichtung militärischer Stützpunkte fremder Staaten auf dem eigenen Staatsgebiet aus. Nach dem Ende des Kalten Krieges nahmen die Diskussionen um einen Beitritt zur populär gewordenen NATO allmählich ab und heute gibt es niemanden mehr, der offen einen Beitritt fordert. Österreich verfolgt seit dem Zweiten Weltkrieg bis heute seine Neutralitätspolitik und dadurch ist der Begriff „Neutralität“ zur Selbstverständlichkeit der Österreicher geworden. Dass aber andererseits in der Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin nach wie vor die Möglichkeit eines NATO Beitritts festgehalten ist, könnte man vielleicht als politische Strategie bezeichnen. Als neutraler Staat beteiligt sich Österreich derzeit mit rund 1.400 Soldaten an internationalen Aktivitäten der Vereinten Nationen und der EU. Für das österreichische Bundesheer mit einer Gesamtstärke von rund 33.000 Personen (davon 17.000 Reservisten) ist die Zahl an Auslandseinsätzen beträchtlich. Würde man dieses Verhältnis auf die japanischen Selbstverteidigungsstreitkräfte umlegen, so müssten sich derzeit 10.300 Personen im Auslandseinsatz befinden. Natürlich ist sie Sicherheitslage in Japan eine andere und man kann auch nicht einfach Zahlen miteinander vergleichen, doch wenn man sich den sicherheitspolitischen Erfolg ansieht, muss man das Ausmaß der Bemühungen Österreichs redlich anerkennen. Im Zuge seiner Auslandseinsätze nehmen österreichische Soldaten auch in der Republik Kosovo an der von der NATO geführten KFOR teil und im Mai dieses Jahres hat Österreich das Kommando über die Multinationale Task Force Süd übernommen. Damit steht erstmals im Kosovo ein Kommando unter einem Nicht-NATO-Mitgliedsstaat.

Einstmals was Österreich ein Land, das Kaiser des heiligen römischen Reiches hervorbrachte und später wurde es zum Schauplatz der europäischen Politik. Die Kämpfe gegen Napoleon und die beiden Weltkriege haben die Gestalt des Staates Österreich stark verändert. Doch die Erfahrungen und die Lehren wurden aus diesen vergangenen Zeiten übernommen und haben überall solide Wurzeln geschlagen. Österreich ist ein gefestigter Staat, in dem man das Gefühl hat zu erfahren was nötig ist, um zu Unabhängigkeit, Friede und Wohlstand zu gelangen.

Die Republik Österreich
Fläche, ähnlich wie Hokkaido, rund 84.000 km². Einwohnerzahl 8,33 Mio. Die Amtssprache ist Deutsch. Rund 80 % der Österreicher sind Katholiken. Die Bundesrepublik Österreich besteht aus neuen Bundesländern. Das Parlament besteht aus dem Nationalrat und dem Bundesrat. Mit seiner Unabhängigkeit verpflichtete sich Österreich auch zur immerwährenden Neutralität, doch aufgrund einer Volksabstimmung im Juni 1994 entschieden sich 66,4 % der Österreicher für einen Beitritt zur Europäischen Union. Am 1. Jänner 1995 wurde Österreich ein Mitglied der EU. Die Teilnahme an der Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) der EU lässt sich mit der Neutralitätspolitik vereinbaren und Österreich nimmt auch aktiv an friedenserhaltenden Aktivitäten der Vereinten Nationen teil. Wien ist neben New York und Genf die dritte UNO-Stadt, mit Sitz der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), der Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung (UNIDO) usw. Neben den Einrichtungen der UNO befindet sich in Wien auch der Sitz der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und der Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC), darum kann man Wien zu den weltweit führenden internationalen Städten zählen.

Auszug aus der japanischen Militärzeitschrift MAMOR – Heft 21, November 2008 - verfaßt vom japanischen Verteidigungsattache in Österreich, Oberst i.G. Eiju UCHIDA

Was die Tradition betrifft, so gibt es zum Beispiel den „Österreichischen Marineverband“. Obwohl Österreich als Binnenland keinen Meerzugang besitzt, wurde ich kurz nach meinem Amtsantritt dem Präsidenten des Österreichischen Marineverbandes vorgestellt und ich fragte vollkommen überrascht, ob es denn in Österreich eine Marine gibt? Tatsächlich ist der Österreichische Marineverband keine militärische Organisation, sondern ein ziviler Verein, der von einem in Ruhestand befindlichen Offizier als Präsident geleitet wird. Das Ziel ist es mitzuhelfen, die über 200 Jahre andauernde Geschichte und Tradition der österreichischen Seefahrt und k. u. k. Marine bis hin zum Ausscheiden des letzten Patrouillenboots des österreichischen Bundesheeres auf der Donau (2006) zu bewahren und an spätere Generationen weiterzugeben.

(Bildtext: Oberst i.G. Eiju Uchida mit Gattin und ÖMV-Präsident Oberst dhmtD aD Prof. DI Karl Skrivanek mit Gattin in der japanischen Residenz in Wien)